6 – Müll, Erfolge und ein gutes Gefühl

Sonntag, den 20. Februar 2011
(von Jessica Mohr)

Am dritten Tag unseres Projektes starten wir einige Minuten verspätet in Richtung Preksromot. Unser Herr Lippold lässt es sich nicht nehmen, beim Frühstück noch eine ordentliche Portion nachzunehmen. Und man kann es ihm nicht verübeln. Denn zum einen ist das umfangreiche Frühstücksbuffet unseres Hotels einfach köstlich; und zum anderen kann man eine gute Grundlage durchaus gebrauchen. Und so langen wir alle nochmal zu, denn uns erwartet ein weiterer Tag des Müllsammelns in unserem Dorf.

Als wir in das Dorf hineinfahren, erkennen die ersten Kinder unseren Bus wieder und laufen uns hinterher. Wir halten an der Schule, die wir am Tag zuvor gründlich von Müll befreit hatten. Die Kinder, die uns bereits am Vortag tatkräftig unterstützt haben, prasseln auf uns ein. Wir entschließen uns, heute an einer anderen Stelle zu beginnen, um an verschiedenen Stellen im Dorf Präsenz zu zeigen und das Müllsammeln vorzuleben. Also packen wir die Kinder in unseren Bus und fahren mit begeistertem Gekreische bis zu der Stelle, an der der zweite Brunnen gebohrt wird. Beim ersten Brunnen sind die Bohrarbeiten abgeschlossen, denn man ist bereits auf Wasser gestoßen. Ein großer Erfolg! Denn zahlreichre Brunnenbau-Firmen wollten in diesem Gebiet nicht für uns Bohren, weil man nur selten tatsächlich auf Wasser stößt.

Und wir legen gleich los: Müllsäcke auspacken, Handschuhe anziehen und ab mit den Kindern rund um die umliegenden Häuser. Herr Lippold entscheidet sich für die rechte Seite der Straße; und versinkt etwas unterhalb sogleich in einer Müllschicht von ca. 0,5 Metern Höhe. Hier füllen sich die Müllsäcke schnell; aber erschreckend langsam geht es auf dem Grundstück voran.

Linker Hand der Straße sind Patrick und ich inmitten von Fischabfällen gelandet. Zu Fischschuppen und –köpfen gesellen sich hier und da ein paar halb gerupfte Hühner. Unter größeren Müllstücken decken wir ganze Schwärme von Asseln und auch Maden auf. Und das in der kambodschanischen schwülen Hitze; nicht gerade ein erfreuliches Geruchserlebnis.

Aber wir haben ein Ziel! Und wir sind fleißig. Zusammen mit vielen Kindern des Dorfes, die barfuß und mit bloßen Händen mit uns im Müll wühlen. Dabei „unterhalten“ wir uns munter. Die Kinder plappern auf Khmer; immer ein wenig verwundert, dass ich das Meiste nicht verstehe. Ich versuche es auch mit dem ein oder anderen Wort Khmer, oder antworte auf Englisch oder Deutsch, was bei den Kindern eine begeisterte Welle von Nachahmungen auslöst. Unsere Worte verstehen wir gegenseitig nicht, und doch können wir uns irgendwie über das Notwendigste verständigen. Einige quiekende Schweine begleiten unsere Aktion und hier und da finden auch ein paar Hunde und Hühner ihren Weg zu uns.

So langsam kommen auch ein paar erwachsene Dorfbewohner hinzu, um mit anzupacken. Der Bürgermeister hat also Wort gehalten und die Bewohner nochmals motiviert, uns beim Müllsammeln zu unterstützen. Herr Chantol hat uns am Vorabend erklärt, dass die Menschen in Preksromot keinen Gedanken an die Zukunft verschwenden. Man lebt im Hier und Jetzt und sorgt sich mehr um hungrige Mägen als um die Gefahren, die aus dem stetig zunehmenden Müllbergen hervorgehen. Wenn auch immer noch Viele uns verschlafen von der Hängematte aus beobachten oder uns lediglich anlächeln, so sind wir doch schon sehr zufrieden mit der Beteiligung.

Schnell haben wir einige Müllsäcke beisammen, die mit dem neuen Müllkarren abtransportiert werden. Man bringt sie zu einem Müllsammelplatz, der am Vortag dazu erkoren wurde und heute abgesteckt werden soll.

Wir sind zufrieden und suchen um die Mittagszweit den Bürgermeister auf, um den Stand der Dinge zu besprechen. Wir kommen in dem alten Schulgebäude zusammen, in dem bereits weitere Mülltonnen aus Holz ihre Formen annehmen. Auch hier wird emsig gearbeitet.
Es scheint alles seinen den gewünschten Weg zu gehen und so gönnen wir uns eine Mahlzeit mit frischen Mangos, Ananas und Bananen – und wir lieben dieses frische Obst!

Wir planen, in den nächsten Tagen weitere Mülltonnen bauen zu lassen und begeben uns
selbst auch wieder an die Arbeit. Auch am Nachmittag gesellen sich viele Kinder und auch einige Erwachsenen zum Müllsammeln zu uns. Es geht voran und so sind die Mülltüten auch an diesem Tag bald schon alle gefüllt. Die Kinder werden mit Süßigkeiten belohnt. Und wehe dem, der noch ein Bonbon-Papier achtlos auf den Boden wirft. Aber die Kinder haben verstanden und werfen den Müll in die Mülltüten. Wir sind überrascht, glücklich und zufrieden. Die Hoffnungsträger des Dorfes gehen mit gutem Beispiel voran!

Wir fahren noch einmal zum ersten Brunnen. Die Handpumpe steht bereits und auch der Sockel ist fast fertig gestellt. Auf dem Weg aus dem Dorf halten wir an der neuen Müllhalde. Die Ränder sind bereits abgesteckt. Der Lehrer von Preksromot lädt zusammen mit einigen Schülern weitere Müllsäcke ab. Und wir erschrecken in Anbetracht eines stattlichen Müllbergs. Noch ist nicht der gesamte gesammelte Müll hier abgeladen. Und wir haben erst 3-4% des Dorfes gründlich von Müll befreit.

Auf der Fahrt nach Siem Reap lehnen wir uns zufrieden zurück. Der erste Brunnen wurde fertiggestellt, der Zweite ist in Arbeit, wir haben weitere Grundstücke entmüllt und es wurden 12 zusätzliche Mülltonnen aus Holz fertiggestellt. Wir haben uns unser Feierabendbier redlich verdient!

Im Hoteleingang hält man uns höflich die Tür auf. Die kritischen verwunderten Blicke einiger Touristen machen uns klar, dass wir von oben bis unten verdreckt und von einem eigentümlichen Duft umgeben sind. Und so fühlen wir uns schon etwas weniger als Touristen und genießen das gute Gefühl, etwas geleistet zu haben!

Jessica Mohr

12 thoughts on “6 – Müll, Erfolge und ein gutes Gefühl”

  1. Faszinierend! Hoffe die weiteren Tage werden genau so erfolgreich! Weiter so! 🙂

  2. Wir trieften, wir stanken, wir keuchten gemeinsam für einen guten Zweck der sich Auszahlt. Herr Prof. Lippold, Jessica und ich haben in den letzten Tagen einiges bewegt und können mächtig stolz sein, etwas für die Verbesserung der Situation des Dorfes beigetragen zu haben. Die Folgeprojekte werden sicherlich noch spanender und noch abendteuerlicher.

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